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Achtung Einsatz !

img_e12681-1.jpg Kaum zu glauben – aber die Polizei Hamburg und Niedersachsen leidet derzeit an einem Mangel an Suchhunden, insbesondere Mantrailing-Teams. So ergab es sich nun -gerade in der Ferienzeit-, dass die üblichen Institutionen der Rettungshundestaffel DRK, ASB, Johanniter etc. gar keine Mantrailer mehr zur Verfügung hatten. Die Folge: Die Polizei bat ehrenamtliche Vereine mit geprüften/zertifizierten aber auch „nur” zum Teil geprüften Hunden um Unterstützung. Die weitere Folge: Innerhalb von einer guten Woche musste unsere Paula als teilgeprüfter Mantrailing-Hund vier mal ran und das Handy stand nicht mehr still.

Einsatz 1: Eine seit 6 Tagen vermisste Person, hatte mehrere Abschiedsbriefe hinterlassen und sich sehr wahrscheinlich das Leben genommen. Nun fand man das Auto in einem Park.

Das Wetter war sonnig und warm, jedoch hatte es kurz zuvor stark geregnet. Aufgrund dessen und des Alters einer etwaigen Spur (ggf. 6 Tage) eine kaum lösbare Aufgabe. Ich war noch nie an einem Einsatzort. Und ich muss sagen - es ist halt doch fast so wie im Film. Der Einsatzort mit Flatterband abgesperrt, die Spusi (Spurensicherung) in ihren weißen Anzügen, und die uniformierte Polizei die mir entgegen schritt als ich langsam in meinem offenen Cabriolet vorfuhr.

„Moin” sagte ich unsicher der zunächst streng schauenden Polizistin die sich vor meinem Auto positionierte. „Sie haben Suchhunde angefordert?” Ich sah verlegen nach rechts und links in der Hoffnung, unseren Trainer, der unseren Einsatz leitete, zu sehen. Das Gesicht der Polizistin erhellte sich „Oh gut, dass Sie da sind” sagte sie mit einem Lächeln. „Parken Sie mal gleich hier.”

Ich dachte nur „Ach du meine Güte – jetzt denkt sie noch, hier kommt ein Profi…”

Hektisch zückte ich mein Handy und tippte eine WhatsApp-Nachricht an meinen Trainer „Bin schon da..” Und - pling- kam die Antwort: „Nimm mal noch keinen Kontakt mit der Polizei auf - bin auch gleich da.”Na toll, dachte ich - und schrieb „Zu spät”

Die Polizistin kam neugierig an mein Auto und eine freudige Paula strahlte sie auf dem Rücksitz an.

„ Och ist die süüüüß” und „das ist ja mal ein tolles Einsatzauto”.

„Jaha…” stammelte ich verlegen und „ich warte noch auf unseren Leiter”.

 

Da kam er auch schon angebraust und erklärte mir kurz, als wir allein standen, dass es durchaus unterschiedliche Haltungen und Meinungen innerhalb des Einsatzteams von Polizei, Kripo, Spusi, DRK, usw. uns Amateuren gegenüber gibt.

 

Nach nunmehr vier polizeilichen Einsätzen kann ich jedoch nur sagen, dass wir stets sehr dankbar und freundlich behandelt wurden - schließlich können wir nur helfen, und sind ehrenamtlich tätig.

 

Unsere Aufgabe bestand im Einsatz 1 darin, die Fahndung insofern zu unterstützen, als dass man eine Spur findet, in welche Richtung der Gesuchte gegangen sei. Ein Leichenfund war nicht ausgeschlossen, wenngleich Flächensuchhunde am Tage zuvor bereits ohne Ergebnis unterwegs waren. Mein Trainer nahm im Auto die Geruchsspuren des Gesuchten auf und setzte zunächst seine Hündin ein. Ein Australian Sheppard, sehr gelassen und ruhig. Sie zeigte eine Spur in eine Richtung an, brach dann aber ab. Nun waren Paula und ich dran. Nach Anleitung unseres Trainers bereitete ich Paula vor und dann ging es auch schon los. Hochmotiviert nahm Paula sofort die zuvor angezeigte Richtung auf. Paula ging/bzw. sprintete voran, am anderen Ende der Leine ging ich. Hinter mir mein Trainer gefolgt von einer Reiterstaffel mit 5 Pferden. Ich bin an dieser Stelle besonders auf Paula stolz, weil sie sich völlig unbeeindruckt von den riesigen Vierbeinern zeigte. Sie machte hochkonzentriert ihre Arbeit und war durch nichts abzulenken. Kein Polizist der aufgebracht ein Auto anhielt, noch die Anweisungen des Trainers, lenkten Sie ab.

Und -schwupps- zog sie nach rechts ab ins Gebüsch. Wenn Paula arbeitet, arbeitet sie, da nimmt Sie auch keine Rücksicht auf Frauchens Körpergröße. Äste schlugen mir ins Gesicht und wir kamen am anderen Ende des Parks auf einem Parkplatz wieder raus – und ich muss sagen, Gott sei Dank ohne Leichenfund. Auf dem Parkplatz zeigte mir Paula sehr deutlich den Abbruch der Spur an, was ich der angetrabten Polizeistaffel mitteilte. Der dritte Suchhund zeigte das gleiche Gebiet an, so dass die Reiterstaffel erneut den Bereich noch einmal durchkämmte. Ohne Erfolg.

Dennoch war beeindruckend wie deutlich alle drei Hunde auf ihre Art das gleiche Gebiet anzeigten. Und das nach 6 Tagen.

 

Einsatz 2: Eine vermisste Person wurde in der Nähe eines U-Bahn Ein-bzw. Ausgangs gesucht, an dem sie zuletzt, knapp 8 Stunden zuvor, gesehen wurde. Leider hatte die Polizei sämtliche vorhandenen Geruchsträger bereits angefasst – dennoch war es einen Versuch wert. Und wieder zeigten alle unsere drei Hunde die gleiche Richtung an. Ob man die Person fand, erfuhr ich leider nicht mehr.

 

Einsatz 3 war insofern sehr interessant, als dass man an einem sehr häufig besuchten Flussufer mit viel Publikumsverkehr ein Auto einer vermissten Person fand, die bereits vor 10 Tagen mit mehreren Abschiedsbriefen einen geplanten Suizid ankündigte. Hier wollte das LKA nur noch einmal eine Bestätigung der Vermutung von uns haben, dass die Person wohl ins Wasser ging. Ein Hund hatte das bereits angezeigt. Das hatte man mir jedoch bewusst zuvor nicht gesagt. Auch das Alter der Spur erfuhr ich erst hinterher. 10 Tage sind nach allem Wissen her eigentlich nicht möglich. Die Grenze liegt schon meist bei einem Tag… so sagt man.

Dennoch nahm Paula die Witterung auf und zog tatsächlich an - Richtung Strand. Und wieder ein besonderer Grund, stolz zu sein: Ein freilaufender Rüde wollte Paula unbedingt zum Spielen auffordern. Paula spielt immer gern – aber scheinbar nicht, wenn sie arbeitet. Der Rüde bedrängte sie, kein Herrchen weit und breit zu sehen. Paula versuchte tatsächlich sich ihm zu entziehen „lass mich, ich muss arbeiten”, „ach komm schon…”, „nein lass mich…”. Nun muss man wissen, dass Paula nicht gerade ein Freund von konsequenten deutlichen Ansagen ist… sie knurrte nicht, sie bellte nicht, aber sie versuchte, mit seitlichen Bewegungen von ihm Abstand zu gewinnen. Ich fand es großartig, dass Sie so diszipliniert bei der Sache blieb. Trainer und Polizei nahmen schließlich den Rüden beiseite, bis das Herrchen entschuldigend angerannt kam. Paula atmete kurz durch und nahm dann tatsächlich eine (10 Tage alte!) Spur wieder auf. Das ist wirklich faszinierend. Zu guter letzt zog Sie zum Wasser und zeigte vorbildlich negativ (Spurabriss) an. Das LKA sah sich in der Vermutung bestätigt und bedankte sich.

 

Einsatz 4 war dann wieder eine Person, die ihren Suizid am Tage zuvor angekündigt hatte. Hier nahmen wir sogar an der Einsatzplanung der Polizei im Präsidium teil. Ein großes Aufgebot von Flächensuchhunden, und Polizei war im Wald versammelt – jedoch hatte die suizidale Person deutlich angekündigt, diesmal nicht gefunden werden zu wollen (es war nicht der erste Versuch). Mir war ein wenig mulmig – es bestand hohe Wahrscheinlichkeit eines Leichenfundes. Die Flächensuchhundeführer hatten zwar viele Markierungspunkte bereits gelegt, wo die Person vermutlich entlang ging, jedoch hatte man sie noch nicht gefunden. Ihr Auto jedoch schon- abgestellt direkt im Wald.

Hier setzten wir an. Zuvor hatten wir –wieder einmal wie im Film – bei der gesuchten Person Zuhause Geruchsproben aufgenommen.

 

Paula sollte diesmal als erste laufen und zog auch gleich bestimmt los – natürlich wieder ab ins Waldesinnere- Querfeldein. Allein schon durch Wind und Wetter wird der Geruch über die Luft verteilt, daher halten sich die Hunde nicht unbedingt primär an den gegangenen Weg, sondern versuchen oft, den direkten Weg einzuschlagen. Ich schlug mich also durchs Geäst, Paula voran, die Polizei hinter mir her. Wir kreisten 4 Kilometer weit in einem unglaublichen Tempo, um einen Hochsitz herum (hier war aber niemand zu sehen). Paula war so in Ihre Arbeit vertieft, dass sie zwischendurch nicht einmal Wasser zum Trinken annahm. Die Zunge hing immer tiefer ( meine sinnbildlich auch) – und da es sehr schwül war, habe ich nach 4 Kilometern abgebrochen. Paula war fix und fertig, wollte –so schien es- unbedingt endlich einmal wieder jemanden finden. Ich wollte jedoch keinen Kollaps riskieren. Die anderen beiden Mantrailing-Teams bestätigten im Anschluß das angezeigte Gebiet und die Flächensuchhunde waren hier zeitgleich auch noch zugange. Dennoch blieb auch diese Suche ohne Fund. Irgendwie auch gut so. „Irgendwann findet ein Pilzsucher dann die Überreste” sagte ein Polizist, und „schließlich wollte sie ja nicht gefunden werden.”

 

Ich weiß nicht, ob es nur mein Gefühl war, aber ich hatte den Eindruck, dass Paula –sonst beim Suchen erfolgsverwöhnt – ein wenig frustriert schien. Enttäuscht schaute sie mich an – trotz Lob und Leckerchen für Ihre klaren Anzeigen und gute Arbeit. Also musste am nächsten Tag ein Freund von uns noch einmal ran. Kurz im Wald versteckt – Paula fand ihn -natürlich ohne mit der Wimper zu zucken- und war glücklich wie selten bei einem Fund zuvor. Wir feierten kurz mit viel Lob und Leckerei und unser kleiner Beagle war wieder auf Originalgröße gebracht mit stolzer Brust voran. :-D Natürlich bestreitet unser Trainer, dass der Hund ohne Fund frustriert ist – schließlich wird er für die Arbeit und nicht für´s Finden belohnt. Nun denn, ich glaube trotzdem meinem Gefühl, sollte es auch nur meiner menschlichen Projektion entstammen.

 

Abschließend kann ich sagen, dass wohl nur eine ganz geringe Anzahl von Einsätzen zu einem Fund führen. Vielmehr wird diese Arbeit zur Fahndungshilfe, Gebietseingrenzung und Richtungsweisung geschätzt. Und da hatte Paula vollen Erfolg.

Wie geht es nun weiter? Ich weiß es nicht so ganz genau. Wir sind von den Trainingseinheiten und gemäß der Prüfungsordnung des Vereins grundsätzlich als einsatzfähig bestätigt, aber nicht offiziell zertifiziert bzw. polizeilich gesichtet, wie es so schön heißt.

Ferner sind Paula und ich in die Einsatzbereitschaft etwas reingeschlittert und ich muss sagen, dass es sehr, sehr viel Zeit und Kraft in Anspruch nahm. Zeit, die ich neben Vollzeitjob und Familie eigentlich kaum habe. Ein Ehrenamt dergleichen ist natürlich freiwillig und ich kann stets nein sagen, wenn ich zeitlich nicht kann. Unsere Einsatzbereitschaft werden wir dennoch etwas zurückschrauben und ich gehe davon aus, dass es sich jetzt auch nur um eine Art „Urlaubsvertretung” der offiziellen Suchhunde handelte. Wir schauen einmal, wie es weiter geht.img_1180.JPG

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